|  Stellungnahme

Valproat bei Männern - Stellungnahme der DGfE 1.3.24

Aktuell gibt es Warnungen vor und einen aktuellen Rote-Hand-Brief zu der Behandlung von Männern mit Valproat.

1.3.2024
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie zu

Valproat bei Männern

Aktuell gibt es Warnungen vor und einen aktuellen Rote-Hand-Brief zu der Behandlung von Männern mit Valproat.
Nach Angaben der European Medicines Agency (EMA) wurden in einer retrospektiven Observationsstudie basierend auf Registerdaten aus Dänemark, Norwegen und Schweden Hinweise darauf gefunden, dass die väterliche Exposition gegenüber Valproat in den 3 Monaten vor Empfängnis mit einem höheren Risiko für das Auftreten von neurologischen Entwicklungsstörungen (kombinierter Endpunkt: Autismus-Spektrum-Störung, geistige Behinderung, Kommunikationsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, Bewegungsstörungen) bei den Nachkommen (bis zum Alter von 11 Jahren) verbunden ist als bei Vätern, die mit Lamotrigin oder Levetiracetam in Monotherapie behandelt waren (gepoolte adjustierte Hazard Ratio für neurologische Entwicklungsstörungen von 1,50 bei einem 95%-Konfidenzintervall zwischen 1,09 und 2,07). Die offenen Fragen betreffen die Definition der neurologischen Entwicklungsstörungen und die Form der Epilepsie der männlichen Patienten. Gerade der letzte Punkt ist relevant, weil Valproat deutlich häufiger bei genetischen generalisierten Epilepsien eingesetzt wird, die ihrerseits mit neurologischen Entwicklungsstörungen assoziiert sein können. Wegen dieser Limitationen geht die EMA aktuell von einem möglichen Risiko von Valproat bei Männern aus, dieses ist aber nicht bestätigt. Dieses mögliche Risiko bei Vätern ist geringer als das bekannte erhöhte Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen nach mütterlicher Exposition (ca. 5-fach erhöht für frühkindlichen Autismus, ca. 3-fach erhöht für Autismus-Spektrum-Störung, ca. 1,5-fach erhöht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, jeweils im Vergleich zu nicht exponierten Müttern,). Bei mütterlicher Exposition gegenüber Valproat besteht auch ein 4- bis 5-fach erhöhtes Risiko für angeborene anatomische Fehlbildungen, auf diese gibt es bei väterliche Exposition keine Hinweise.
Auf Basis des aktuellen Wissensstands empfehlen wir, wie auch die EMA, männliche Patienten mit Valproat auf das mögliche Risiko neurologischer Entwicklungsstörungen hinzuweisen. Bei anfallsfreien Patienten mit Valproat empfehlen wir aber derzeit keine vorschnelle Therapieumstellung. Dies gilt insbesondere für Patienten mit genetischer generalisierter Epilepsie, da Valproat bei dieser Epilepsieart das wirksamste Anfallssuppressivum ist. Bei Kinderwunsch sollten Therapiealternativen zu Valproat – unter sorgfältiger Abwägung von Risiken und Nutzen – besprochen werden. Ein aktives Kontaktieren aller männlichen Patienten, die derzeit Valproat einnehmen, ist nach der aktuellen Datenlage nicht erforderlich. Bei Neueinstellungen soll weiterhin sorgfältig unter Berücksichtigung von Wirksamkeit, Risiken und Nebenwirkungen abgewogen werden, welches Anfallssuppressivum als Mittel der ersten Wahl gegeben wird.
Wir verweisen zusätzlich auf die Stellungnahmen der European Medicines Agency (EMA) (www.ema.europa.eu/en/medicines/dhpc/valproate) und  des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) (https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RI/2024/RI-valproat.html


Stellungnahme als PDF_Datei