|  Stellungnahme

Stellungnahme der DGfE, ÖGfE und Schweizerischen Epilepsie-Liga zur Differenzierten Darstellung der Epilepsie nach ILAE:

Vorschlag für eine differenzierte Darstellung der Epilepsien nach aktueller Klassifikation der ILAE in Lehrbüchern, Übersichten und auf Kongressen (z.B. der DGN, DGKN).

Hintergrund
Insbesondere durch die großen Fortschritte in den Bereichen der Bildgebung und Genetik ist es heute oft möglich, die Ätiologie verschiedener Epilepsien genau zu fassen. Das hat zu einer Anpassung der Internationalen Klassifikation der Epilepsien durch die ILAE (Scheffer et al. 2017) geführt, in welcher sechs ätiologische Gruppen benannt werden, die bei der Klassifikation insbesondere fokaler Epilepsien zu berücksichtigen sind. Die genetisch generalisierten Epilepsien umfassen die vier klassischen Syndrome der idiopathisch generalisierten Epilepsien, GGE ohne Syndromzuordnung und seltene GGE-Syndrome, zudem gibt es eine syndromale Überlappung mit einigen Entwicklungsbedingten und Epileptischen Enzephalopathien (EEE oder DEE für Developmental and Epileptic Encephalopathies (Hirsch et al. 2022)).


Diese differenzierte Klassifikation findet im deutschsprachigen Raum bisher aber wenig Verbreitung. Insbesondere in den wichtigen Referenzwerken und einem relevanten Therapiebuch finden sich weiterhin nur 2-3 Kapitel zum Thema, z.B.: Epilepsie, Epilepsiechirurgie, Status epilepticus. Dagegen finden sich z.B. 8-10 Kapitel zu Schlafstörungen oder Bewegungsstörungen, in denen eine differenzierte Darstellung nach klinischer Symptomatik, Ätiologie und spezifischer Therapie gelingt.


Insbesondere wegen der Breite der heute verfügbaren syndrom- oder ätiologiespezifischen, oft personalisierten oder präzisionsmedizinischen Therapien (von der Beratung über Anfallssuppressiva bis hin zur genetischen Therapie, ketogenen Ernährungstherapie und Epilepsiechirurgie) ist die bestehende wenig differenzierte Darstellung problematisch.

 

Vorschlag
Die Vorstände der DGfE, ÖGfE und Schweizerischen Epilepsie-Liga schlagen daher vor, mindestens die folgende Differenzierung vorzunehmen und bei der Erstellung von Lehrbüchern, Übersichten und Symposien für Kongresse zu beachten.

1. Fokale Epilepsien
1.1. Genetisch
1.2. Strukturell
1.3. Immunbedingt
1.4. Infektiös
1.5. Metabolisch
1.6. Unbekannte Ursache

2. Generalisierte Epilepsien
2.1. Genetisch generalisierte Epilepsien
2.1.1. Idiopathisch generalisierte Epilepsien
2.1.2. Seltenere GGE-Syndrome und GEE ohne Syndromzuordnung
2.1.3. Entwicklungsbedingte und Epileptische Enzephalopathien (EEE bzw. DEE)
2.2. Generalisierte Epilepsien anderer Ätiologie, z.B. strukturell, immunbedingt, entzündlich, metabolisch, degenerativ, unbekannter Ätiologie.

3. Epilepsien mit Anfällen fokalen, generalisierten oder unbekannten Ursprungs

4. Erstmaliger Anfall
4.1. Erstmaliger unprovozierter Anfall
4.2. Akut symptomatischer Anfall

5. Status epilepticus

6. Wichtige Differentialdiagnosen
6.1. Dissoziative (psychogene nicht-epileptische) Anfälle
6.2. Synkopen
6.3. Paroxysmale Bewegungsstörungen
6.4. Schlafstörungen


In diesem Rahmen und darüber hinaus können und sollen sicherlich spezifische Epilepsiesyndrome, wichtige Komorbiditäten und die spezifischen Therapieformen Thema sein. Dieser Vorschlag ist nicht als Einschränkung gedacht, sondern schlägt eine minimale Differenzierung vor, die der aktuellen ILAE-Klassifikation der Epilepsien und dem aktuellen Wissensstand gerecht wird.


Referenzen

Scheffer IE et al. ILAE classification of the epilepsies: Position paper of the ILAE Commission for Classification and Terminology. Epilepsia. 2017 Apr;58(4):512-521. doi: 10.1111/epi.13709. PMID: 28276062 Hirsch E, et al. ILAE definition of the Idiopathic Generalized Epilepsy Syndromes: Position statement by the ILAE Task Force on Nosology and Definitions. Epilepsia. 2022 Jun;63(6):1475-1499. doi: 10.1111/epi.17236. PMID: 35503716


Gez. die Vorstände der DGfE, ÖGfE und der schweizerischen Epilepsie-Liga


Stellungnahme (PDF)